«Du bist tot für mich» ist der erste Satz, der gesprochen wird. In einem Satz lässt sich das Stück wie folgt fassen: Gier aktualisiert* Abwehrkräfte.
Das Licht im Publikumsraum ist an, der Vorhang war nie geschlossen und vor dem ersten Satz «Du bist tot für mich», hat mich das hohe Stück Mensch, das ich manchmal meinen Mann nenne, gefragt; was es eigentlich mit Kane, der Gier und mir, auf sich hat? Darauf hab ich geantwortet, dass ich es nicht weiss: «…nicht unweit von Hier*, es war im Gymnasium, hab ich mit ungefähr 15 mal 30 Seiten Gier gelesen... um sie sogleich gegen das dreissigste Jahr auszutauschen, was mir damals, in Anbetracht das Kane aufgrund einer Selbsttötung nur 28 Jahre alt wurde (lol nicht 27), vielversprechender schien…»
Gier ist die hässliche Schwester von Sehnsucht und das Kind von Wille, das im Gegensatz zur Todsünde Habgier keine Richtung kennt, dennoch unbändig annimmt. Gier wird in dieser Inszenierung von Christopher Rüping, als kein Gefühl*, sondern eine menschliche Grundverfasstheit extremster Art, dargestellt. Eine Auslegung, der man deterministischen Denkweisen gleich, durchaus Etwas abgewinnen kann, denn sie entzieht dem Diskurs rund um das Hässliche der Gier, das Moralische und verlagert es woanders hin – was beispielsweise Gewalt und Dysfunktionalität, den Weg zurück vom Pathologisierten oder Juristischen, in die Waagschale, bereitet.
Im beschleunigten Zeitalter der Gerechtigkeit, dass so sehr nach Lösung-Jetzt schreit, erfrischt diese verlangsamende Drehung und gefährdet zugleich.
Die Absicht des Stücks ist existenzieller Natur und stellt die Frage; nach dem Stoff*, dem Sinn und den Möglichkeits-Räumen* leidenschaftlicher Verhältnisse – in Relation zur; Zeit*, der Familie als dem Ort* von dem aus der Erzählung* und Geschichte des Selbst ihren Anfang nimmt, und dem vorherrschenden Gesellschafts-System – tiefgreifend und laut.
Das Stück wurde Ende ‘90er Jahre von Sarah Kane, Vertreterin des In-Yer-Face-Theaters in Großbritannien, als ein für die Bühne bestimmtes Langgedicht: Crave, verfasst und aus dem englischen von Marius von Mayenburg ins Deutsche übertragen. 25 Jahre nach der Entstehung ist heute, wo im Schauspielhaus Zürich, genauer im Pfauen, Gier aufgeführt wird.
Ebenfalls hat mich das hohe Stück Mensch, nachdem wir im Parkett Platz genommen haben, gefragt (dabei auf ein Hemd vor uns zeigend); ob denn das dieser Hektar sei? Worauf ich neckisch (dabei auf ein Halstuch und ein Kragen hinter uns zeigend, ebenfalls im Saal): «Aha ist es, weil du eifersüchtig bist, dass sie mit einem Date hier ist?», gespiegelt hab.
Wir verstehen uns nicht, das stellt Axiom* dieses Textes dar und es war einmal ein Hektar, er spielte gerne Hektar, sein Quadrat hat sich nie gezeigt. Hinter uns sitzt ein eingesessenes Paar; graue Haare, fiebern mit. Sie freuen sich – wirklich, denn für sie hat in Betracht unserer, das Schauspiel* bereits begonnen und diese Begebenheit; dass das Mediale-Spinnen* zwischen virtueller-* und realer- Räumlichkeit* aufs fettigste verschwommen wird, zieht sich in gelungener Gnadenlosigkeit durch die ganze Inszenierung, durch die ganze Gier und stellt Spezifika* des Abends dar, welcher seinen Höhepunkt im öffentlichen Raum* der Stadt Zürich selbst, findet.
Kennen Sie das, wenn Sie mit Ihrem Stück ein Stück besuchen und auf der Bühne wird: «Fick dich» geschrien und eine Woche später schreien Sie Ihr Stück selbst: «Fick dich» an? Ja, kennen Sie das? Das ist ein Beispiel fürs Maximieren des Medialen-Spinnens* und kennen Sie das, wenn Sie sich so sehr nach Jemandem sehnen, dass die Sehnsucht nicht einmal aufhört, wenn die Person direkt vor Ihnen steht und Sie sie berühren, umarmen, küssen, greifen können? Das ist ein Beispiel dafür, wie Gier beworben wird und wo ein Unterschied zwischen echtem Begehren und tätiger Fantasie gezeichnet werden muss.
Wir sitzen im Parkett links, 3 Streicher in Samtschwarz öffnen das Stück, 5 Spielende betreten die Bühne in weiss- bis pastell-/farbener Kleidung, die zwischen futuristisch und care-institutionell masst. Nur eine Schauspielerin; Wiebke Mollenhauer, bleibt auf der Bühne, lässt sich auf einem zum Publikum seitwärts liegenden Stuhl nieder, worunter zwei Plastikflaschen stehen - sie tragen kein Etikett. Vor Wiebke Mollenhauer, die wir in echt nur im Profil sehen, steht eine Kamera, die ihr Gesicht auf eine bühnen-beherrschende, frontal gestellte Leinwand (eine schöne Konstruktion) projiziert.
Mollenhauer ist Projektionsfläche, versehrte Körperlandschaft und Zuhörerin zugleich, wobei ihre Rolle als Zuhörerin als kontextualisierendes-Spiegelbild* für uns, das Publikum, dient. (Eigentlich sind wir Wiebke Mollenhauer.) Ein schlauer Griff der Regie, um Immersion zu verstärken und die Zunahme von Grenzüberschreitung übers Stück hinweg, aufbauend zu gewährleisten. Dem muss man im Besonderen Rechnung tragen, da es Wiebke Mollenhauers Figur in dem Sinne, im Text von Kane, gar nicht gibt.
Es gibt zwar die Mutmassung, dass alle Figuren nur im Kopf einer Person stattfinden, aber formal besteht Kanes Stück aus vier sehr abstrakt gehaltenen Figuren: A, B, C und M, denen man teilweise Alter und Geschlecht zudenken kann, aber die eher durch Ton skulpturierte Sprache sind, so im Sinne von wie man Steine installiert. Die Figuren werden von Maja Beckmann, Sasha Melroch, Steven Sowah und Benjamin Lillie, gesamthaft gekonnt gespielt. Kane hat das Langgedicht Crave im Bewusstsein zur Bühne geschrieben und all the world’s a stage and all the men and women merely players… In Rüpings Inszenierung sitzen A, B, C und M vorerst in der ersten Reihe des Parketts.
«Du bist tot für mich» ist wie alle unchronologischen, irrenden-wirrenden Folgesätze, die in ihrem Gesamten eine starke Komposition darstellen, aber auch einzeln Wirkung tragen, an Wiebke Mollenhauer gerichtet. Auf sie, auf uns prallt die Geschichte einer unfruchtbaren Mutter, eines Kindsmissbrauchs innert der eigenen Familie und die Qualen der Geheimnistuerei, ebenso Gefühle*, Gefühle* und Zustand*, ein.
«Ich spüre nichts. Nichts. Ich spüre nichts.»
Die Sätze sind Vergewaltigung und Liebe die von Natur aus eine Zukunft begehrt. Es geht um die Schrecken der Vergangenheit, die man nicht erinnern* kann, um den Wunsch zu sterben und den Wunsch nach Versprechen. Es geht um Manipulation und Macht, «Du bist nie so mächtig wie in dem Moment, wo du weisst, dass du machtlos bist», um Zärtlichkeit, Pein, um die Verwobenheit zur eigenen Familie, ebenso die Tatsache, dass man einzelne Menschen nicht wieder in ihre Eltern auflösen kann. Es geht darum, dass du deine blöden Handschuhe nicht ausziehen sollst, bevor du die letzte Stadt hinter dir gelassen hast und es geht ganz klar um die Abwesenheit, die zwischen den Gebäuden bei Nacht schläft.
«Du siehst ziemlich glücklich aus für Jemanden der es nicht ist.»
Es geht um die bittere Differenz die Wahrnehmung schreit und alle wollen wieder Kugelmenschen sein. Es ist eine rührende Geschichte, es ist eine drückende Geschichte, wobei der Druck einer neokapitalistisch organisierten Gesellschaft, welche Narzissmus als Antriebskraft diktiert, entspringt - und somit; Liebe, Besonderheit und den Tod, als potentielle antikapitalistische Orte der Resistenz, erzeugt,- aber man ist fast nie Da*, denn die Gier stellt dann doch, bei jeder Gelegenheit noch, den Fuss in die Tür und entpuppt die vermeintlichen Orte der Resistenz als; Utopien, als Nicht-Orte, Imaginationen*, Ferien, Monogamien, als Tetrapacks, als Plastik, wää Plastik, häää Plastik? - einfach als Schrecklich und Weisswerwas sonst noch…
Anhand des Spiels: Scheren-Stein-Papier werden wir zurück auf den Pausenhof unserer Kindheit versetzt, wo Rangordnungen hergestellt wurden und durch verschiedene Formen der Gewalt, die Andere Umgang nannten, manifestiert. Das Spiel stellt die Frage nach dem Zufall und der Willkür, die in solchen Rangordnungen liegt und folglich nach dem freien Willen, wobei im ganzen Stück die eigene Wirkmächtigkeit der eigenen Biografie gegenüber, als Frage im Raum schwirrt. Deterministische Denkweisen bieten hier erneut potentiell mildernde Antwort um dem: Vergleich, Vergleich, Vergleich und der Streuung von Menschen auf vertikalen Linien, zu entkommen.
Anhand einer ambivalenten Liebeserklärung die mit einem unheimlichen Mass an detaillierter Aufmerksamkeit beginnt und von einem Mann, Schauspieler Benjamin Lillie, in Vulnerabilität gekleidet, ausgeht, werden wir über unser eigenes romantisches Erbe aus beispielsweise Disney-Filmen und Pop-Songs, hingewiesen. Dieses wird nicht als trügerisch etikettiert, wie es so oft im zynischen Theater der Fall war, sondern damit wird gearbeitet und auf direkte, einfache Emotion* im Publikum angespielt. Sowohl ein Fernseher auf der Bühne, wie auch die Streicher und der DJ helfen bei der Verstärkung solcher Emotionen* mit, sind dabei rhythmisierend, Körper konditionierend, beinahe militant - militant erfolgreich.
Klar muss ich fast heulen, wenn Can you feel the love tonight von Lion King, choral gesungen wird, versteht sich… es war nur toxic von Britney Spears, das ein wenig unverhältnismäßig wortwörtlich auf die Bühne kam und die ansonsten sehr hochstehende schauspielerische Leistung Mollenhauer’s, geschmälert hat.
Nach dieser Ladung stellte sich auch das Bedürfnis; das hohe Stück Mensch, das ich manchmal meinen Mann nannte, ebenfalls in dieser Offenbarung, die einem Gier entlocken kann, zu beobachten in der Beobachtung Mollenhauers (also potentiell sich selbst). Darauf wurde diese Inszenierung ausgelegt und interessanterweise sind es diese Seitenblicke, die vermeintlich so intim sein können, dass sie, auch wenn nur für eine halbe Sekunde anhaltend, mit einem Mass Scham ungewohnt hoher Art für den öffentlichen Raum, belegt sind. Das Stück antwortet mit einem Lächeln. Eine Beobachtung die ich vermehrt im Publikum gemacht hab. Gesamthaft empfinde ich das Publikum als verhalten und stelle mir die Frage; warum es vor allem die alten Leute im Raum sind, die sich getrauen zu lachen oder offen zu leiden? Wissen es die Alten einfach besser? Weiss man es im Alter wirklich einfach besser?
Apropos Alter, was auf der Bühne darauf folgt, sind nun die vier Figuren in neuer Kleidung und überdimensionierten Karton-Masken, ein Masken-führen, die sie zu einer Art Grosseltern oder Geistern macht. Wenn schon Grosseltern, dann lieber kulturelles Erbe als koloniales, oder? Von hier an wird es chaotischer, wilder, dichter, wortwörtlich verschachtelter. Es geht um Zersetzung und Destruktionen jeglicher Art: Grenzüberschreitung. Im Fernseher wird ein Flugabsturz gezeigt, die Musik pulsiert, Stühle werden auseinandergeschraubt, ein Kissen wird gerissen, Graffitis gesprayt, eindeutig sexualisierte Gesten gezeigt, ebenso findet sich Rauch neben den fliegenden Federn auf der Bühne ein und das alles wirkt subversiv, – trotzdem, es ist komisch, es ist ein ungewisser-Zustand*. Die Figuren versuchen den Vorhang immer wieder zu schliessen, aber er geht nicht zu. Auch im Publikum gibt es das Bedürfnis das Stück zu schliessen, aber es geht nicht zu.
Nachdem Wiebke Mollenhauer bereits soviel auf der Bühne, auf dem Stuhl, erlebt hat, dass wir es alle im Raum* kaum mehr aushalten – inzwischen hat sie aber viele Sätze, Fetzen an den Kopf bekommen, war in Schrei-Sessions ihrer Stimme entzogen und hat die zwei Flaschen Wasser notwendigerweise leer getrunken – steht sie auf. Sie lacht, ziemlich irr und lacht, geht zur Leinwand hin und stürzt sie, in heftiger Kraft, zu Boden (ruhe und Gänsehaut im Publikum), um dann die einzige Zeile, die sie im ganzen Stück zu sagen bekommt, in den Raum* zu werfen: «Die Aussenwelt wird masslos überschätzt.» Wiebke Mollenhauer verlässt die Bühne.
Nun sind die Anderen auf sich alleine gestellt und wie man ahnen kann, nimmt es kein Ende, der Exzess, der eigentlich nur Abwesenheit von Trauer ist, wird weitergespielt. Das Stück wird immer körperlicher und dichter und auch wieder romantischer und in der Verzweiflung einfach schön, einfach schrecklich, einfach schön. Plötzlich erscheint ein Techniker auf der Bühne und baut die Leinwand wieder auf und auf dem Bildschirm erscheint erneut Wiebke Mollenhauer. Sie steht nun inmitten dieser unerdenklichen Stadt und rennt los, wir hinten drein und wenn Sie mehr davon wissen wollen, würde ich mir an Ihrer Stelle dieses Stück selbst, ansehen, welches durchs Band empfehlenswert ist.
Gier, Schauspielhaus Zürich, Rämistrasse 34, bis zum 14. Mai 2023
Glossar:
aktualisieren = bedeutet etwas auf den neusten (aktuellen) Stand bringen, in die gegenwärtige Wirklichkeit führen. Aktualisieren ist somit ein komplexer Akt, der stets in Abhängigkeit einer gesellschaftlichen Auffassung von Zeitlichkeit (z.B Periodizität), steht. Meist hängt der Begriff von einem Mehrdimensionalen Raum-Zeit Verständnis, ab.
Axiom = ist ein Wille ausgedrückt als Regel für ein geschlossenes System, der weder herleitbar noch beweisbar ist und dennoch für die Folgeregeln des Systems unabdingbar. Ironischerweise beziehe ich mich mit dem Begriff des Axioms auf die Verwendungs-Definition Hilberts, der beschreibt, dass Axiome frei wählbar sind, sofern sie untereinander widerspruchsfrei und voneinander unabhängig, sowie alle gültigen Aussagen aus ihnen ableitbar sind; also ein Wort im Wille der Sprache.
Da = bezeichnet eine räumliche Disposition. Da ist das Dort vom Hier. Da ist ungenau Hier. Da ist das nahste Hier, an das ein einzelnes Sein gelangen kann. Da bin ich, ich. Da ist unmittelbar. Da ist der gewisse-Zustand eines Selbst. Um zu versinnbildlichen zitiere ich: «Da steh' ich nun, ich armer Tor, Und bin so klug als wie zuvor! Heiße Magister, heiße Doktor gar, Und ziehe schon an die zehen Jahr’ Herauf, herab und quer und krumm, Meine Schüler an der Nase herum – Und sehe, daß wir nichts wissen können!»
Emotionen = sind psychophysische Bewegtheit ausgelöst durch unterbewusste und oder bewusste Prozesse der Wahrnehmung, im Gegensatz zu den Gefühlen, des Anderen. In diesem Sinne sind Emotionen politischer Natur.
erinnern = ist auf bewusste und unterbewusste, codierte Information im Gedächtnis greifen oder stossen.
Erzählung = ist das Substantiv für gesprochene oder geschriebene Geschichte. Ich zähle auch Oral-history hierzu. Die Erzählung ist ein grundlegendes Kommunikationsformat der Wissensweitergabe, es gilt sie zu pflegen. Man sagt, dass sie so alt ist, wie die Menschen selbst. Ein schönes Beispiel ist der Film: Das merkwürdige Kätzchen von Ramon Zürcher.
Gefühle = sind das Pendant zu Gedanken und beschreiben psychophysische Bewegtheit ausgelöst durch unterbewusste und oder bewusste Prozesse der Wahrnehmung des Selbst. Ich verweise hier gerne auf ein Musik-Album von Soko: feel feelings.
«Hier = bin ich!» ist Erzählung. Hier bezeichnet eine Disposition im Bezugssystem Sein-Raum, welches ontologisch, über dem Bezugssystem Mensch-Welt steht. Wenn man von Hier aus misst, dann wird Da zu einer Aktive und Dort zu einer Passive. Hier ist genau Da. Hier ist das Da ohne Dort und weil das Erleben des Raumes eines Seins a priori an das Erleben des Raumes des Anderen Seienden gekoppelt ist, kann es kein Hier für ein einzelnes Sein geben. Hier ist eine theoretische Kategorie, die nur in ihrer Verhältnismässigkeit, z.B in Form der Erzählung, Gültigkeit besitzt. Um zu versinnbildlichen zitiere ich: «Thales: ‹wo bist du Proteus?› Proteus: (bauchrednerisch, bald nah, bald fern). ‹hier! und hier!›»
Imagination = ist die Fügung, vor dem inneren Auge, einer verbildlichten Vorstellung durch die Einbildungskraft oder auch Fantasie. Dabei handelt es sich um eine so starke Vorstellung, dass sie Wahrnehmung evoziert. Für Jean-Paul Sartre ist die Imagination die grosse, irrealisierende Kraft des Bewusstseins, und das Imaginäre ihre Entsprechung im Denken.
Kindheit = ist eine der Zeiten. Und zwar die Besondere, die im Zusammenhang zum Wachstum, das Thema der Eigen-Veränderung konstant, sowohl in der virtuellen-Räumlichkeit, als auch der realen-Räumlichkeit, behandelt. Persönlich betone ich Kindheit als jene Zeit, vor meinem konstruierenden-Ich.
das kontextualisierende-Spiegelbild = möchte ich über eine sinnbildliche Erfahrung skizzieren: Ich habe mein Baby als es drei Monate alt war, vor einen Spiegel getragen. Das Baby hat mich und sich im Spiegel gesehen, dann in «echt» zu mir hochgeschaut, wahrscheinlich um sich der Verzerrung der realen-Räumlichkeit im Spiegel als solche zu vergewissern, im Sinne eines sich-orientierens und einordnen von Dreidimensionalem und Abbildung dessen. Danach hat mein Baby sich wieder selbst im Spiegel angesehen. Ich konnte beobachten, wie es sich gänzlich, in seinem ganzen Format (Körper), betrachtet hat. Es sah so aus als hätte es zum ersten Mal die Ränder seines Körpers bemerkt bzw. seine eigene ungefähr abgeschlossene Einheit verstanden. Zuvor hat mein Baby seine Beine nie verwendet beim liegen, aber kurz nach dem Spiegelerlebnis hat das Baby begonnen zu strampeln und seine Beine in die Luft zu heben, die Zehen in die Finger zu nehmen. Ich glaub das kontextualisierende-Spiegelbild stellt ein Messinstrument des Möglichkeits-Raum dar, indem es die Frage: um was geht es Hier eigentlich (Stoff)?, reflektiert, verortet und zu beantworten evoziert.
das Masken-führen = ist eine Notwendigkeit, um dem Zustand des Mensch: am wenigsten sich selbst zu sein, wenn er in seiner eigenen Person spricht, entgegen zu wirken. Masken-führen ist das bewusste Spiel; die vielen Gesichter und Identitäten im Möglichkeits-Raum zu erprüfen.
das Mediale-Spinnen = ist ein verwobenes, wechselwirkendes Durch und Durch Im Sinne eines Vermittelnden Hin und Hers mit Zeitlichkeit, das bis aus den Rändern seiner selbst lotet und nie aufhört in Bewegung zu sein. Der Akt des Medialen-Spinnens lässt sich anhand des Begriffes Science Fiction oder detaillierter gefasst in SF-Mechanismen näher darlegen. Diese betonen, dass die vermeintlichen Kategorien Fiktion und Fakt nie losgelöst voneinander gedacht werden können und erst durch ihre Abhängigkeit gelesen, Sinn ergeben. In diesem Miteinander spielt das Mediale-Spinnen. Es hilft sich eine Multitude von Spannung vorzustellen, die zwischen der realen-Räumlichkeit, dem Übersetzten-Raum und der virtuellen-Räumlichkeit, hüpft.
Ort = ist ein kennzeichnendes Wort, um einen besonderen Platz im Raum* zu nennen, und zwar den Platz, an den die Dinge hingehören. Um auf die Umstrittenheit, wo die Dinge hingehören, hinzuweisen vermerke ich hier Michel Serres. *Michel Serres, Atlas, Berlin, 2005.
Raum = Um sich Raum zu verklaren, sollte man an ein Schauspiel denken. Alles um das es im Schauspiel geht, ist das vorgetragene Stück. Es geht um die Spielenden mit ihrer Wechselwirkung und den daraus hervorgehenden Gedanken und Emotionen. Alles was das Stück ermöglicht ist Raum. Dazu gehört sowohl das Paar Bühne-Tribüne als reale-Räumlichkeit, als auch der Platz in den Köpfen der Zuschauenden und Spielenden als virtuelle-Räumlichkeit. Die Disposition der realen- und virtuellen-Räumlichkeit ergibt in ihrem Medialen-Spinnen den Träger Raum, der stets zwischen einem Hier und Dort verstofflicht.
reale-Räumlichkeit = ist genau das, was man sich als erstes darunter vorstellt, das Zuhandene. Also die Steine, die Plätze, die Häuser; einfach all die Dinge die man vor sich sieht, die einem Umgeben und einem eben nicht den Boden unter den Füssen wegreissen; die dingliche Welt, im Sinne Albert Einsteins Begriff zur objektiven Körperwelt, als Empiristin positioniert verstanden. Die reale-Räumlichkeit wird unterbewusst als Ganzheit verstanden. Sie tritt nicht durch das Beleuchten von Einzelnem stärker in Erscheinung, nein es ist sogar das Gegenteil der Fall und zwar ist es die Abwesenheit von beleuchtetem Einzelnem, welche die reale-Räumlichkeit so stark zur realen-Räumlichkeit macht.
Schauspiel = ist ein multi-Begriff, den ich Hier anhand eines bekannten Zitates darlegen möchte: «All the world’s a stage, And all the men and women merely players; They have their exits and their entrances; And one woman in her time plays many parts, Her acts being seven ages.»
Spezifika = spricht alle wichtigen, besonderen Merkmale eines Gegenstandes vereint an. Es handelt sich um Merkmale, die den Gegenstand genau zu diesem Gegenstand machen.
Stoff = ist das, über was man Sprechen kann - ein in Bahnen gerolltes Erzeugnis. Stoff ist Materie mit Implikation des zu-formenden. Sowohl in der Literatur, als auch in der Bar, läuft nichts ohne Stoff. Stoff ist das, um was es geht, also die Frage: Was?
ungewisser-Zustand = bedeutet, wenn das Relevante nicht in seiner Kontur bleiben möchte. Ein Zustand des nicht Wissens.
virtuelle-Räumlichkeit = ist die Gesamtheit aller Räume, die nicht zur realen-Räumlichkeit zählen, aber ihren Ursprung in der Abstraktion der realen-Räumlichkeit haben. Virtuelle-Räumlichkeit ist die Gesamtheit jener Noch-Nicht-Räume, in welchen Noch-nicht-Wirklichkeiten ihre Noch-nicht-Zeit verbringen. Wobei sich noch-nicht auf alle Zeiten beziehen kann, auch vergangene.
Wahrnehmung = bedeutet etwas anhand der Möglichkeiten des eigenen Formats für Wahr zu nehmen.
Zeit = ist dieses liquide Ding, das unentwirrbar dem Raum angehörend, entfaltet. Aufgrund ihrer Charakteristika; grundlegend für alles Seiende zu sein, ist sie seit Jeher stark besprochen und umstritten. Theoretisch können, wenn - dann nur die Toten, sie wirklich kennen, dennoch glauben sich die Lebenden, anhand ihrer Atomuhren (welche innert 30 Millionen Jahre nur eine Sekunde Abweichung aufweisen - also periodisch gedacht) der Zeit sicher. Zeit kann Messung, Synchronisation, Mechanik und Physik sein, aber auch Wahrnehmung, Bewusstsein, Glaube und Spass an Kontinuität oder Kommunikation. Das irrsinnige an der Zeit ist, dass jede Form von eingefrorener Betrachtung ihrer, inhärent ein Widerspruch darstellt. An dieser Stelle zitiere ich Gesprochene-Geschichte aus dem Café Odeon: «Wenn die Lust keine Zeit hat, dann bleibt der Hase im Bau. Wenn die Zeit keine Lust hat, dann ist die Banane braun.»
Zersetzung = ist der Prozess der Auseinanderdividierung im Hinblick zur Tiefe. In der Chemie und Biologie bedeutet Zersetzung die Zerlegung einer chemischen Verbindung in kleinere Moleküle durch physikalische, chemische oder biologische Einflüsse. Im Bezug zur Sprache bedeutet Zersetzung; Metaphern-Entlarvung.