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Reading Rämistrasse #63: Giulia Bernardi zu «Zitronen und Zement – Vom Material zur Skulptur» im Atelier Hermann Haller - Akademie - Kunsthalle Zürich
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Reading Rämistrasse #63: Giulia Bernardi zu «Zitronen und Zement – Vom Material zur Skulptur» im Atelier Hermann Haller

Der Boden knarrt unter den Füssen, der Blick wird vom leuchtenden Bildschirm angezogen, von steinernen Köpfen und Körpern, die sich darauf manifestieren, kommen und gehen. Und wir gehen mit ihnen, tauchen ein, erkunden das Material, das zu Skulpturen geformt wurde, zu grossen und kleinen Frauenkörpern, gehen nahe ran, so nahe, dass wir den Überblick verlieren, das Material zu einer kargen Berglandschaft, zu einem Feld aus Asphalt wird.

Der Boden knarrt unter den Füssen, der Blick wird vom leuchtenden Bildschirm angezogen, von steinernen Köpfen und Körpern, die sich darauf manifestieren, kommen und gehen. Und wir gehen mit ihnen, tauchen ein, erkunden das Material, das zu Skulpturen geformt wurde, zu grossen und kleinen Frauenkörpern, gehen nahe ran, so nahe, dass wir den Überblick verlieren, das Material zu einer kargen Berglandschaft, zu einem Feld aus Asphalt wird.

In der Videoarbeit Figuline Stories – Fractures of a Lifetime reagiert Lithic Alliance auf das Schaffen des verstorbenen Bildhauers Hermann Haller und führt uns sogleich durch die Räume seines ehemaligen Ateliers. Mit der Kamera schweifen wir über den Parkettboden, wandern seinen Skulpturen entlang – bis eine zu sprechen beginnt. An dieser Stelle wird deutlich: Lithic Alliance versteht Material als eigenständige Entität, die lebt, erinnert und weitaus mehr Informationen in sich trägt, als ihr statisches Abbild vermuten lässt. In der Gestalt eines nackten, weiblichen Körpers wird sie als Bruchteil ihrer selbst begriffen; als Fragment einer bestimmten Zeit, einer kulturellen Praxis, einer eindimensionalen Vorstellung von Geschlecht. Dieser Überlegung folgend, ist Material beseelt, hat eine eigene Autorschaft, womit Lithic Alliance sogleich unser Verhältnis zur nicht-menschlichen Welt befragt, zu dem, was wir als «Natur» definieren.

Die eigene Umwelt aus einer anderen Perspektive zu betrachten, thematisiert auch Valentina Pini in ihrer Animation, die sich im Estrich des Ateliers befindet. Hier stehen dutzend kleine Skulpturen von Hermann Haller, hinter- und nebeneinandergereiht, die lange Schatten auf den Boden werfen. Und mittendrin schwebt das animierte Fruchtfleisch einer Pampelmuse; die einzelnen Segmente ähneln fleischigen Beinchen, die sich weich und organisch bewegen, als ob sie durch Wasser oder das All trieben. Und durch die sphärisch-düsteren elektronischen Klänge, welche die Animation begleiten, macht sich Unbehagen breit, katapultiert uns zurück in die Kindheit; in das schummrige Licht einer verstaubten Kammer, die Angst machte, Neugierde weckte – komm schon, noch ein Blick, ein letzter Blick –, die feinen Haare im Nacken aufrichtete, als bissen wir in eine saure Frucht.

Zitronen und Zement – Vom Material zur Skulptur, Atelier Hermann Haller, Höschgasse 8a, 8008 Zürich

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