Churchgoerin Brigitte macht sich gedanken, über Rob Pruitts Aufruf «use a museum as a church and a church as a museum» und denkt sich die Situation in The Church und in der konventionellen Kirche durch. Sie gesteht, dass Sie etwas Neid verspührt, wenn sie sich in The Church aufhählt. Wieso das so ist, lesen Sie am besten in ihrem Bericht....
Jetzt hat es doch ein bisschen gedauert, bis ich mir eingestanden habe, dass ich als Pfarrerin auch so etwas wie einen kleinen Neid verspüre, wann immer ich die The Church betrete. Grad wieder.
Erst mal – es sind Menschen da, die sich einfach aufhalten. Sie sitzen am Ateliertisch, lesen in Büchern, blättern Kataloge durch und schreiben, schauen oder reden, machen Pause oder planen hier ihre nächsten Schritte. Nichts scheint sie hier so einzuengen, dass sie lieber draussen wären. Nein, sie nutzen diesen Raum. So viel Leben wie hier haben wir selten. Mir gefällt diese entspannte Atmosphäre.
Bei uns, in der Kirche, sitzt man lieber im Garten. Unser Kirchraum ist kein Ort, an den viele Menschen gehen, um dort einfach zu sein. Obwohl es ginge. Und er wäre auch geöffnet. Kostet noch nicht mal Eintritt. Ist aber offenbar nicht richtig attraktiv. Es gibt nichts zu sehen, nichts Fremdes zu Bestaunen. Von daher sind wir ein schlechtes Museum, denkt man in der Spur von Rob Pruitt.
The Church dagegen ist als Museum eine Kirche und sie ist aktiv!
Die durchdachte Gestaltung macht es offenbar leicht, gerne dort zu sein: Ein Bonbon zu lutschen, Kalenderblätter zu studieren, Bilder zu betrachten, auf silber zu sitzen. Und dann noch die Vielfalt der Kurse. Die Menschen wollen Yoga – also machen sie Yoga, mitten zwischen den Bildern. Die Menschen wollen malen – also malen sie. Die Menschen wollen Speed-Dating? Also Speed-Dating!
Manches davon – aber eben längstens nicht alles – würde eine christliche Gemeinschaft in ihr Programm aufnehmen. Bevor wir was machen, ist es bei uns aber kompliziert. Weil wir im Grunde viele Kuratoren und Kuratorinnen haben. Alle die, die sich zur Gemeinde zählen, reden mit über das, was in unserem Kirchenraum geschieht.
Unser Raum wird also nicht einfach bespielt. Wir überlegen, ob Menschen, ob Gruppen, ob Themen «zu uns passen». Auch wenn wir manchmal nicht genau wissen, wie wir das eigentlich herausfinden. Eine Mischung aus Erfahrungen und Zielen, welche Gemeinschaft wir damit werden wollen, hilft uns.
Bei uns ist das Programm also der wichtigste Teil, mit dem wir uns nach aussen zeigen. Weil wir Kirche nutzen und haben, sind wir Kirche. Wenn das Museum jetzt also weiter Kirche werden will, wie Rob Pruitt es empfiehlt, bräuchte es jetzt wohl bald eine «Gemeindeversammlung». Das ist der Ernstfall. Wenn die Besucherinnen und Besucher sich dafür engagieren, dass der Raum weiterhin für eine Qualität zur Verfügung steht, die ihnen richtig erscheint, dann wäre ich gerne dabei. Doch ich fürchte, rein zeitlich, genau da endet das Experiment.