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Peter Doig

StudioFilmClub

27.08.–30.10.2005

Filme und Musik gehören wie die Familie, die Malerei und der Austausch mit Freunden zum Alltag des 1959 in Schottland geborenen Künstlers Peter Doig, dessen malerisches Werk zu den einflussreichsten künstlerischen Formulierungen seiner Generation gehört. Es erstaunt deshalb wenig, dass er kurz nach seinem Umzug von London nach Port of Spain auf Trinidad mit seinem trinidadischen Künstlerfreund Che Lovelace einen Filmclub in seinem Atelier einführte. Zum einen, weil auch in Port of Spain die Cineplex-Kinos überhand nehmen und damit die nicht nur am grossen Hollywoodkino orientierten Programmkinos verschwinden, zum anderen, weil die beiden einen Ort schaffen wollten, in dem neben der breiten Palette an cineastischen Erlebnissen auch geselliges Zusammensein, Musik und Diskussionen einen unprätentiösen, spontanen und grosszügigen Platz finden sollten. Seit April 2003 zeigen nun Peter Doig und Che Lovelace im wöchentlichen Rhythmus Filme, die sie von Freunden geschickt bekommen oder selbst von Reisen mitbringen, im privaten Rahmen des Ateliers, aber mit der Offenheit einer Clubveranstaltung, bei der Gespräche, Barbetrieb oder auch mal ein Konzert als Anfang, Pause oder Abschluss eines gemeinsamen Filmabends gleichwertig Platz erhalten. Ihr Programm umspannt Filmklassiker ebenso wie Independent-, Musik- und Künstlerfilme als auch aktuelle Hollywoodproduktionen. Inspiriert von handgemalten Werbeplakaten, die Peter Doig im Stadtbild von Port of Spain aufgefallen sind, malt er für jeden der Filme, meist am Tag der Vorführung, ein Plakat, das als Ankündigung auf dem Gelände des Kulturzentrums, in dem sich Peter Doigs Atelier befindet, aufgehängt wird. Diese Gemälde sind Wegweiser und Informationsinstrument, aber eben auch typische Werke Peter Doigs, in denen das für sein Werk so bezeichnende Filmische, insbesondere die Qualität der Evokation der Imagination des Betrachters, eine Verdoppelung und Steigerung durch den Verweis auf einen konkreten Film erfährt – sei es, weil er eine erinnerte Schlüsselszene zum Motiv macht, frei zum Inhalt des Filmes assoziiert, oder aber Variationen der Ikonographie seines eigenen malerischen Werkes einfliessen lässt.

Die Filmplakate sind deshalb nicht nur direkte Hinweise auf den angekündigten Film, sondern sie agieren immer auch als parallele Imaginationsinstrumente. Peter Doigs Werk ist bekannt für das Verweben eines umfangreichen Archivs von gefundenen und selbst fotografierten Bildern, von Techniken, Stimmungen, Titeln und Themen der Musik- und Kunstgeschichte. Sie sind nicht Vorlage, sondern immer wieder neu kombinier- und samplebare Auslöser oder Informanten, eingesetzt und erlebt vom Künstler als vielfältige Inspirationsfelder und Bilderzeugungstechniken, die dazu führen, dass Fotografie, Film, Musik und Malerei in seinem Werk immer gleichzeitig anwesend sind. Nur ein einziges Filmstill tritt als direkte Referenz eines Filmes in den Gemälden Peter Doigs in Variationen auf, nämlich eine einsame Figur in einem Kanu auf einem noch einsameren und bedrohlicheren See. Das ursprünglich aus dem Horrorklassiker «Friday the 13th» stammende Motiv hat im Werk Peter Doigs viele Bilder durchwandert und erzeugt, von «Swamped» (1990) über «Canoe Lake» (1997/98) bis «100 Years ago (Carrera)» von 2002 – und mit jedem dieser Bilder wurde nicht nur das Filmstill, sondern auch die kunstgeschichtliche Referenz der Malerei erweitert. Für das Filmplakat zu «Orfeo Negro (Black Orpheus)» von Marcel Camus verwendet Doig wiederum den einsamen Kanufahrer und fügt seinem wiederkehrenden malerischen Gegenstand sowohl für seine Gemälde als auch für die Assoziation zum Film weitere Aspekte hinzu. Obwohl Peter Doigs Filmplakate nicht als Kunstwerke entstehen, stellen sie für ihn (und auch für uns) einen besonderen Zirkelschluss zu seinem Werk her, gerade weil die für ihn sonst meist nur initiale oder assoziative Ebene des Kinos sich hier mit dem direkten Verweis auf einen konkreten Film überlagert und neu kombiniert.

Die Ausstellung in der Kunsthalle Zürich zeigt 75 bis anhin entstandene Filmplakate in Kombination mit einer Auswahl von Filmen, die im StudioFilmclub zu sehen waren. Parallel dazu zeigen die Arthouse Kinos eine weitere Auswahl von Filmen des StudioFilmClubs im städtischen Kinoprogramm.

Das cineastische Programm des StudioFilmClubs und die Bedeutung der Filmplakate Peter Doigs erhalten in der Ausstellung ein gleichwertiges Gewicht: Die Filme werden nicht im kinoähnlichen Screening mit einmaligen Vorführungszeiten gezeigt, sondern in fünf Räumen, ebenso wie die Filmplakate, kontinuierlich zugänglich gemacht.

Peter Doig und Che Lovelace haben für die Auswahl der Filme dabei besonderes Augenmerk auf das cineastische Angebot in Zürich gelegt, das mit der Vielfalt seiner Programmkinos einen breiten Horizont filmischen Schaffens anbietet. Sie haben Filme ausgewählt, die den spezifischen Kontext Trinidad als Produktions- oder Ausgangsort von Filmen zeigt. Diese unternehmen häufig den Versuch, eine von «Creolité» geprägte Kultur nicht als Exotismus zu marginalisieren, aber auch nicht in ausschliesslicher Exotimuskritik einem wiederum affirmativen Exotismus anheim zu fallen. Überblicke zum Filmschaffen des nach London ausgewanderten trinidadischen Filmemachers und Pioniers des «Black British Cinemas» Horace Ové, Filme aus den fünfziger Jahren von Satyatt Ray und eine Übersicht der Filme von Isaac Julien (wie z.B. Baadasssss Cinema, 2002) werden neben zahlreichen anderen zu sehen sein. Das ausführliche Programm der Filme in der Kunsthalle ebenso wie das Programm der Arthouse Kinos sind zu gegebenem Zeitpunkt auf der Homepage der Kunsthalle annonciert und können per Email angefordert werden.

Die Kunsthalle Zürich dankt:

Präsidialdepartement der Stadt Zürich, Luma Stiftung

Besonderer Dank geht an das Museum Ludwig, an Kasper König und die Kuratorin der dortigen Ausstellung, Alice Koegel, deren Recherchen und Vorarbeit die Realisierung unseres Filmprogramms ermöglicht haben. Dank an die Leihgeber der Ausstellung, die Sammlung Rheingold, deren initialer Ankauf von 35 Filmplakaten die Zukunft des StudioFilmClubs in Trinidad sichert.