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Wade Guyton

31.08.–10.11.2013

2006 zeigte Wade Guyton in der Gruppenausstellung «Wade Guyton, Seth Price, Josh Smith, Kelley Walker» seine Werke zum ersten Mal in der Kunsthalle Zürich. Die Ausstellung prä-sentierte den Dialog und die Auseinandersetzung dieser vier Künstler mit den Bedingungen und allen nur möglichen Techniken des alltäglichen digitalen Lebens und wie sie Fragen der Authentizität und des Zufalls in der Konfrontation diverser Reproduktionstechnologien sowie im unangemessenen Gebrauch von Genres und Materialien wirksam werden lassen. Wade Guyton (geboren 1972 in Hammond, Indiana, lebt und arbeitet in New York) präsen-tiert nun, nach seiner ersten retrospektiven Werkschau im Whitney Museum of American Art in New York im Herbst 2012, in der Kunsthalle Zürich zwei gross angelegte, neu für die Ausstellung geschaffene Präsentationen, die Konzepte der Malerei wie der Zeichnung auf experimentelle Art und Weise in den Räumen in Spannung versetzen.

In einer raumgreifenden Gruppe von Tischvitrinen breitet Guyton aus, was er als „Zeichnung“ bezeichnet: ein Universum aus Manipulationen, Schichtungen und Beziehungen von überdruckten, gefundenen, de- und rekontextualisierten Bildern. In der gelb gefliesten Küche seines Ateliers fotografierte der Künstler Bilder, um sie wiederum zu reproduzieren, und komponiert sie nun auf dem gleichen gelben Fliesenmaterial in der Ausstellung zu einem neuen Bild – Künstlerstudio, Ausstellungsraum und Präsentationsformate verbinden sich zu einem komplexen erweiterten Raum von Produktionsprozessen und Reproduktionen, zusätzlich ausgeweitet in das Format eines Buches, «Zeichnungen für lange Bilder. Kunsthalle Zürich 31.08. – 10.11.2013», das die Arbeit an den Bildern dieser Installation dokumentiert und auf die zweite Installation der Ausstellung verweist.

Die „langen Bilder“ verdoppeln in der zweiten Etage der Kunsthalle Zürich tautologisch die Wände der Ausstellung. Auf Leinen gedruckt mit einem Epson Stylus Pro 11880, sind die auf einem Computerbild basierenden Gemälde auf eine horizontale Position gedreht und ihre Information wandfüllend ausgeweitet. Diese abstrakten Bilder sind geprägt vom Zufall und dem Scheitern der Druckmaschine am digitalen wie physischen Material.

Analog zu den multiplen Prozessen der Produktion, Reproduktion und Wiederverwendung von gedruckten Materialien in seinen Zeichnungen, verfolgt Wade Guyton auch in seiner Malerei einen experimentellen Ansatz. Anstelle von traditionellen Werkzeugen setzt er moderne Technologien ein und stellt die Möglichkeiten, Grenzen und Verfahren der Malerei auf die Probe. Er arbeitet aus einem konfliktbasierten Dialog heraus – sowohl mit der Tradition der Moderne und der Abstraktion als auch mit der Technik. Er zwängt die Leinwand durch einen Drucker, der zum Ausdruck digitaler Vorlagen auf Papier, und nicht für diesen Untergrund vorgesehen ist. Die Zweckentfremdung der Maschine nutzt er so als generatives Verfahren zur Bildentstehung – ein Missbrauch, der die digi-tale Information der Bilder zu unerwarteten Ergebnissen führt. Die durch die Maschine gezwungene Leinwand, das Stottern oder Scheitern der Bildinformation, führt zu Fehlern in der Ausführung der Farbbereiche, zu Verschmutzungen und Verschiebungen. Diese werden häufig durch die schwierige Handhabung der Leinwände im Studio verstärkt, wo sie auf dem Studioboden oder durch das Handling noch zusätzliche Spuren und Verletzungen erfahren.

Wade Guytons Werk entzieht sich jedem Versuch, es auf einen spezifischen Ansatz oder ein Untersuchungsgebiet begrenzen zu wollen. Eines seiner vielen kollaborativen Projekte, «Continuous Project» (2003 mit Bettina Funcke, Joseph Logan und Seth Price gegründet), hinterfragt und verunklärt die Beziehung zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Archiv und Erinnerung, indem es Dokumente, Ereignisse und Diskussionen, die ansonsten vergangen wären, manipuliert, reproduziert und neu inszeniert. Guytons Arbeiten pointieren die Problematik, dass keine formale Untersuchung Fragen nach der Bedeutung völlig umgehen kann. Seine Gemälde und Zeichnungen, die mit den grossen Themen der Abstraktion und auch Monumentalität dieser Themen operieren, sind deshalb immer konzeptuell und nicht ästhetisch begründet. Der Künstler „verunreinigt“ Werke nicht nur formal, sondern kontaminiert auch die Begriffe und Werte kunstimmanenter Themen mit neuesten Technologien.

Immer behandelt Wade Guytons Werk auch die Auseinandersetzung mit und Demontage von
Mythen und geschichtlichen Transmissionen der abstrakten Kunst. Wie ist ein abstraktes Bild heute zu verstehen? Welche Fragen haben wir an das Nicht-Repräsentative? Welchen ästhetischen Verführungen erliegen wir? Was wird wie distribuiert und transportiert? Guyton thematisiert die Haltung, die Verführung, aber auch die Irrungen formalästhetischer Fragestellungen und kratzt bewusst an unseren ästhetischen Werten und Konventionen, gerade weil er mit seinen Arbeiten wissen will, was sie heute bedeuten können, wie sie in einem produktionstechnischen Prozess variieren und neu formuliert werden wollen.

Exemplarisch verbinden die beiden installativen Präsentationen seiner Ausstellung in der
Kunsthalle Zürich seinen konzeptuell radikalen wie poetisch eleganten Umgang mit Fragen der Originalität, der Kontinuität und Verortung einer Auseinandersetzung mit Bildern in einer digitalen Welt.

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Oktober