Paul Fischli interessiert sich als Churchgoer für die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung. In seinem zweiten Beitrag erzählt er von einem Treffen mit zwei Kreativen:
Ein Samstagnachmittag im Februar. Ich denke nach über das Spannungsfeld der kleinformatigen, subversiven Form dieser Kunst im Gegensatz zur überwältigenden Grösse des Kirchenraums in den traditionellen Religionen.
Ich bin mit Yvonne und Dominik verabredet. Sie sind Kreative mit eigener Agentur, und Yvonne nimmt gerade ein paar Wochen Auszeit vom Geschäft, um sich wieder etwas intensiver ihrer Malerei widmen zu können. Wie also wirkt The Church auf sie?
Gleich aufgefallen sind ihnen die Calendar Drawings, die ihren Detailreichtum erst preisgeben, wenn man sie von ganz nah betrachtet. Die beiden schauen sehr genau hin, es zeigt sich rasch ein direkter, handwerklich-praktischer Zugang zur Ausstellung. Die silber glänzende Verkleidung der Congregation Chairs macht Eindruck - „ein Ausbrechen aus Konventionellem“.
Nach längerer Betrachtung des riesigen Spirituality Mood Board-Vorhangs, der, vom fahlen Aussenlicht durchdrungen, seine enorme Wirkung entfaltet, setzen wir uns an die langen Studio Lunch Tables, die sie mit ihren Holzgestellbeinen an eine improvisierte Jugendkellermöblierung erinnert, ganz im Gegensatz zum grossen Detailreichtum seiner Oberfläche. Mit Kennerblick fällt beiden sogleich auf, dass nur noch ein paar Millimeter fehlen, bevor die Tischplatten herunter fallen würden. Ein kurzer Handgriff korrigiert das.
Welchen Eindruck macht dies alles auf sie? Hat das mit Kirche zu tun? Yvonne sagt, die Ausstellung spreche sie eher intellektuell an; erst auf den zweiten Blick folge die Inspiration, technisch, künstlerisch. Dominik blättert aufmerksam im aufliegenden Heft und ist fasziniert von den Art Ideas You Can Do Yourself; „die Ideen darin, selber Kunst zu machen, könne man ja auch als Gebote sehen.“ Auf ihn wirkt diese Fanzine-Kunst sehr improvisiert, im Gegensatz zur Strenge und Perfektion der Suicide Paintings. Gefallen die ihnen? „Ja, sehr, obwohl eher technisch, aber auch von der optischen Wirkung her“, meint Yvonne. Dann zeigt Dominik auf die Sandsäcke, die die Bilder am Boden halten. „Was hat es wohl mit denen auf sich? Sicher kein Zufall, dass alle das gleiche Design haben.“
Eine gewisse Ratlosigkeit also? Yvonne sagt: „Nicht verstanden haben wir den Bezug der Calendar Drawings zur Church bzw. allgemein zur Ausstellung. Alles andere passt zum Konzept. Aber die Kalender? Das wüssten wir gerne.“ Die Ausstellung setze Vorwissen voraus; ohne wirke sie ein wenig unzugänglich. Beide hätten sich eine ausführlichere Beschreibung gewünscht.
Zum Schluss fällt unser Gespräch auf das Licht. Die zwei kalten, hellen Neonstreifen – Ergänzung oder Gegensatz zu einer wertneutralen Beleuchtung, Erleuchtung?