DE/EN

Sherrie Levine

03.11.1991–05.01.1992

Sherrie Levine hat früh und radikal die Strategie der "Appropriation" (Aneignung) bereits bestehender Bilder angewandt, die wesentlich ge– worden ist in der jüngeren amerikanischen Kunst. Sind es meist Bilder der Populärkultur, die zur Reflexion von massenmedialer Kommunikation, industrieller Fabrikation und ihren psychologischen Auswirkungen herangezogen werden, bilden Heroen der modernen Kunst Sherrie Levines Referenzpunkte.

Diese erste Einzelausstellung in einem europäischen Kunstinstitut will anhand von vier neueren Werkserien Levines konzeptionellen Ansatz konsequent erfahrbar machen. Ihre Nachschöpfungen von Werken Marcel Duchamps, Man Rays, Karl Blossfeldts und Yves Kleins mittels Fotografie, Malerei und Skulptur sagen zwar in ihrer Verneinung von modernistischen Mythen wie Originalität und geniale Innovation das Ende der Moderne an, wie dies auch einige Theoretiker getan haben. Gleichzeitig eröffnet die verdoppelte Autorenschaft aber einen neuen HandlungsspielIra llIT :

"Anstatt Fotos von Bäumen oder Akten zu machen, mache ich Fotos von Fotos. Ich wählte Bilder, in denen der Wunsch zum Ausdruck kommt, Natur und Kultur mögen uns Ordnung und Sinn bescheren. Ich eigne mir diese Bilder an, um mein eigenes gleichzeitiges Bedürfnis nach leidenschaftlicher Engagiertheit und erhabener Unbeteiligtheit zum Ausdruck zu bringen. Ich hoffe, meine Fotos von Fotos schaffen einen unbehaglichen Frieden zwischen meiner Fasziniertheit von den Idealen, die diese Bilder verkörpern, und meinem Wunsch, keine wie auch immer gearteten Ideale oder Fesseln zu haben. Es geht mir darum, dass meine Fotos, die ihren eigenen Widerspruch in sich tragen, das Beste beider Welten zeigen." (Sherrie Levine)

Das Sprechen durch Bilder anderer verlagert sich zusehends von der beinahe identischen "Gleichheit" von Vor- und Nachbild zugunsten von handschriftlicher und visuell erfahrbarer Umsetzung. Die Spannung zwischen der fragil-sinnlichen Präsenz insbesondere von Levines Malereien und der Distanz, die sie wahren, verleiht ihrer Kunst eine beunruhigend hermetische Qualität. Erst in jüngerer Zeit interessiert sie sich für plastische Fragestellungen. In "La Fortune (After Man Ray)" greift sie einen Billardtisch des 19. Jahrhunderts auf, der in Man Rays surrealistischer Traumlandschaft von 1938 in perspektivischer Verzerrung himmelwärts aufragt. Sherrie Levine setzt das Bildmotiv plastisch um und lässt es nicht einmal, sondern sechsmal anfertigen. Die skulpturale Multiplikation schafft. Allusionen sowohl an die männlichen Spielrituale in real existierenden Billard-Sälen als auch an minimalistische Reihungen Donald Judds und bildet als monumentale Installation das Herzstück der Zürcher Ausstellung.

Die Ausstellung wird 1992 in erweiterter Form im Westfälischen Landesmuseum Münster, im Rooseum – Center for Contemporary Art in Malmö, und im Hôtel des arts in Paris gezeigt werden.