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Adrian Schiess

26.03.–20.05.1994

Hauptakzente dieser Ausstellung setzen Farbverläufe, die sich am Boden in Autolackfarbe und metallisierten Tönungen auf langen Reihen von Verbundplatten ziellos fliessend durch die Räume ziehen; der eine von Weiss ins Dunkelgrün und Braun verlaufend, der andere von Lachs-Beige über eine beinahe goldfarbene Mittelregion in ein grünliches Beige. Solcherart kontinuierlich und allmählich über die einzelnen Elemente sich erstreckende Farbnuancierungen werden vorerst in Oelfarbe auf Leinwandresten formuliert, wurzeln trotz ihres anonymen Farbauftrags in Empfindungsräumen und gar Naturerlebnissen. Adrian Schiess nimmt sein Malerhandwerk als Intermediär von Farbe zurück, um ihr grösstmögliche Autonomie sowie Offenheit gegenüber ihrem Umfeld zuzugestehen. Je nach Lichtverhältnissen und den Blickwinkeln des Betrachters stellen sich permanent sowohl Anderungen ihrer koloristischen Erscheinungen als auch ihrer Spiegelungen des Umfeldes ein. Diese Verläufe werden wiederum in einer nächsten Bearbeitungsphase auf den Rückseiten der Aluminiumverbundplatten weitergeführt, während der Ausstellung ab und zu aufgedeckt, und somit das Wahrnehmungsszenario um eine weitere Schattierung bereichert.

Er denke an Malerei, die sich zerstreue und endlos ausbreite, bemerkt Adrian Schiess. Diese Aussage beinhaltet sowohl das Moment der vorläufigen und stets veränderbaren Konstellation, das wenig mit willentlich gesuchter Struktur, Komposition oder Bildhaftigkeit zu tun hat, ja sich geradezu dagegen richtet, als auch das Moment einer unfassbar scheinenden Räumlichkeit. Den einzelnen genormten Bildträgern kommen eine dienende Funktion zu, sollen sie doch - ausschnitthaft im Sinne eines Fragmentes - die physische Ausdehnung von Farbe und ihre unmittelbar sinnliche Oberflächenwirkung ermöglichen. Sie ruhen auf Kanthölzern, die den Eindruck einer momentanen und jederzeit bewegbaren Lagerung betonen. Gerade die Reihung der monochromen Elemente, ihre Wechselwirkungen, Nuancen und Gegensätze, sowie ihr gleichförmig entschlossener Vorstoss in den realen Raum schaffen diese materiell anwesende und zugleich entrückt ins Imaginäre sich wendende Farbsensation an sich, um die es Adrian Schiess geht, die sich nicht mehr ans traditionelle Bild bindet, aber auch nicht bemalte Skulptur ist.

Eigentlich folgerichtig, dass sich in seiner grenzerweiternden Auseinandersetzung mit Malerei und Farbe, in deren Rahmen sich die Pinselhandschrift bis auf die Domäne der Papierarbeiten verloren hat, auch die fotografische Erzeugung von Farbflächen und -verläufen eine Rolle zu spielen beginnt. Erstmals werden grossformatige, teilweise mehrteilige Farbfotografien auf Aluminiumträgern gezeigt. In analoger Weise zu den “Flachen Arbeiten", aber in einem anderen Medium, schlagen sich farbige Reflexe und momentane Lichteffekte auf dem Film nieder, sammeln sich im chemischen Entwicklungsbad auf der Papierfläche und erweitern die Assoziationen an die leicht bewegte Ereignisebene von Wasserflächen, die sich bereits vor den Raumstücken und den ebenfalls aufscheinenden Aquarellen von Adrian Schiess einstellen.