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Jörg Sasse

18.01.–09.03.1997

Der deutsche Künstler Jörg Sasse, der an der Kunstakademie Düsseldorf bei Bernd Becher studiert hatte, zeigt in seiner ersten Einzelausstellung in der Schweiz einen neu entstandenen Werkzyklus. Er verlässt die Herstellung eigener fotografischer Bilder, die stillebenartige Ausschnitte von alltäglichen Interieurs fokussierten und sich verstärkt von konkreter Gegenstandsbezeichnung lösten.

Gefundene Schnappschüsse von Amateuren, zum Teil älteren Datums, dienen Sasse als Ausgangsmaterial, das er digital bearbeitet und erst am Computer zu eigentlicher und neuartiger Bildhaftigkeit führt. Er eignet sich konventionelle Farbfotografien an, die - zum Privatgebrauch anderer bestimmt - wesentlich der Erinnerung erlebter Situationen und Augenblicke dienten. "Das Gemeinte ist genau genommen nicht das, was sich auf dem Foto zeigt, sondern das, was sich vor der Kamera abgespielt hat. Mein Interesse gilt nicht dem Gemeinten, sondern dem Foto selbst. Daher befinden sich in meiner Materialiensammlung überwiegend Amateurfotos, die nicht eindeutig dem Privaten verhaftet sind oder auf dem Details zu sehen sind, die sich scheinbar zufällig auf das Foto verirrt haben." (Sasse)

Nicht nur werden diese Bildfundstücke in Ausschnitte fragmentiert, einzelne Bildgegenstände herausgelöst oder verschoben, Kontraste und Konturen geschärft oder zurückgenommen, Farben verändert. Die ganze Bildfläche löst sich in eine sichtbares Netz von Pixeln, der kleinsten Informationseinheit des digitalen Bildes. Im Rechner generiert, wird es auf Negativmaterial belichtet, auf Fotopapier vergrössert und hinter Plexiglas montiert. Die Analogie zum Pinselstrich und -tupfer aus dem sich ein Tafelbild aufbaut, wird offensichtlich, die künstlerische Umsetzung scheinbar realistischer Abbildhaftigkeit in eine durch und durch fiktive Bildebene.

Eine Berglandschaft mit Alphütte oder eine Gruppe von Badenden zeugen zwar motivisch vom sentimentalen Erinnerungspotential der Fotografie, führen aber im beinahe psychedelisch wirkenden Bildkonstrukt von Jörg Sasse das Trügerische der Fotografie vor. Trotz hochtechnisierter Kreation schägt dieser Akt der Desillusionierung in einen äusserst suggestiven Akt des Sehens um. Gerade ein wenig erzählerischer Bildgegenstand wie etwa ein Vorhang mit einem Farb- und Formkontinuum, das abstrakter Malerei gleichkommt, veranschaulicht immatriellen Bildzauber. Das Unsichtbare kann sich in Wahrnehmungs- und Assoziationsräumen entfalten, die sich in der Kluft zwischen Abgebildetem und Abbild, dem Entschwinden tastbarer Realität und der autonomen Wirklichkeit des Bildes auftun.

Anlässlich der Ausstellung in Zürich wird ein Werkverzeichnis von Jörg Sasse auf CD-ROM herausgeben, das sich in die Ausstellungspräsentation integriert. Die Besucher können u.a. auf dem Bildschirm Bilder nach begrifflichen Kategorien abrufen.