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The Church teaching to transgress? – Von Paradies, Schwellen und Grenzüberschreitungen

«The academy is not paradise. But learning is a place where paradise can be created»
(bell hooks, Teaching to Transgress, 1994)

Nach meiner Annäherung an Rob Pruitts The Church über ihre non-sites, reizte es mich nun doch auch von den Plattformen, die die abgewandelte Kirche im Kunstraum anbot, Gebrauch zu machen. Der Wunsch, Anteil zu nehmen warf zunächst Fragen auf: Ist es gerade die Zugehörigkeit zum The Church-Projekt als Bloggerin, die mich Mitwirkungsmöglichkeiten erkennen lässt, während ich dafür im weiteren Sinne werbe? Bin ich nun instrumentalisiert oder ermächtigt? Löse ich so ein peer-to-peer Modell ein? Oder handelt es sich eher um einen Interessenkonflikt, über Pruitts The Church für die Kunsthalle Zürich zu bloggen und sie gleichzeitig (mit) zu programmieren? – Im engeren Sinne durchaus, allerdings gehört es nicht zu den Anforderungen an mich als Churchgoerin, objektiv von den gelebten Erfahrung mit und in The Church zu berichten. Als distanzierte Kritikerin auftreten zu wollen, wäre daher nicht nur widersprüchlich, sondern umso weniger durchschaubar, als ich für meine Berichte fairerweise ein Autorinnen-Honorar beziehe... Grenzüberschreitung(en) inklusive?

Aber zurück zum Selbstexperiment mit dem Selbstlernformat Openki [PopUp], das gegenwärtig in Pruitts The Church in der Kunsthalle gastiert. Als eine Gruppe von Lernenden hatten wir den japanischen Kunsthistoriker Kin’ichi Obinata eingeladen, um unterschiedliche Kenntnisse von und Perspektiven auf journalistische, wissenschaftliche, populäre und künstlerische Positionen zu teilen. Ausgangspunkt waren Medienformate, die im Japan der 1950er-Jahre zirkulierten. Wie es dazu kam, ist eine andere Geschichte, die sich vielleicht an anderer Stelle einmal zu erzählen lohnt. Jedenfalls nahmen wir die Gelegenheit wahr, unseren Workshop, parallel zur schulischen Rahmung, in Pruitts The Church als alternatives Klassenzimmer hineinzutragen. Nun lässt sich darüber streiten, inwiefern es sich bei den Versammelten um eine Expert_innen-Runde handelte, bzw. welche Offenheit und Schwellen unsere Initiative hervorbrachte. Fakt ist: Zu den Teilnehmer_innen dieses selbstorganisierten, öffentlichen Wissensaustauschs gehörten neben einigen für das Thema neu begeisterten vor allem diejenigen, die seit längerem Interesse für vielfältigere Erzählungen von Moderne(n), für japanische Zeugnisse und deren Verortung bekunden. Andererseits war der eigens für diesen Openki [PopUp]-Workshop engagierte Dolmetscher der einzige akademisch-professionelle Japanologe im Raum.

Als Projektionsfläche für digitalisierte Arbeiten und Dokumentationsfotografien aus dem Archiv des Fotografen Kiyoji Ohtsuji (1923–2001) diente uns eines von Rob Pruitts Suicide Paintings. Vielleicht eignete es sich aufgrund seines von Besucher_innnen in The Church früher vermerkten Schwellencharakters sogar besonders gut als zu aktivierendes Interface für Dinge, die an sich nichts miteinander verbindet. Von Pruitts bezeichnetem Tisch, wo verschiedene Magazine auflagen, griff unsere «B.Y.O.M. –Bring Your Own Mags’ sharing group» auf die Wand bzw. seine Werke über. Zugleich schreibt sich Pruitts künstlerische Arbeit über die Oberfläche hinaus in ihrer Trägerfunktion der Openki [PopUP]-Plattform, meiner Wahrnehmung vor Ort und deren Aufzeichnung ein. Zu sagen, alles hätte sich dabei vermischt, um nahtlos in einem Gesamtkunstwerk aufzugehen, wäre aber falsch.