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Ian Anüll

09.06.–12.08.1990

Ian Anüll unterwandert festgefügte Werte mit anarchistischer Bildlust, benutzt materielle wie geistige Fundstücke aus der Welt des Konsums, der Massenmedien sowie der Kunst als signalhafte Zeichen, die er – rigoros und leichtfüssig zugleich - in malerischen und objekthaften Zusammenhängen wirksam werden lässt: "Serie roter Dollar". Er bindet die künstlerische Vorstellungskraft unzweifelhaft an gesellschaftspolitische Realitäten, nutzt – meist mit feiner Ironie und erfrischender Direktheit – ihre Wechselwirkungen als schöpferisches Potential. Zwar wird eine konzeptuelle Strategie deutlich, die man etwa ihrer sozioökonomischen Aspekte wegen (das Kunstwerk als Trademarkprodukt) unmittelbar gesellschaftskritisch deuten könnte. Aber Ian Anülls prozesshaftes Bilden bewegt sich auf ambivalente Konstellationen zu, die ebenso Bezüge zu kosmischen Dimensionen wie dadaistischem Unsinn andeuten können und geschieht wesentlich auf intuitiv-sinnliche Weise; der Zufall wird oft zum Anreger und die Handschrift ist unprätentiös. Die formal stark reduzierte, meist geometrisierende Bildsprache entstammt nicht einem stilistischen Credo, sondern methodischer Konsequenz, dem Aufspüren lebensbestimmender Strukturen, die es in alltäglichen Erscheinungen und einfachen Sinnzusammenhängen dingfest zu machen und in künstlerisch bestimmte Energieflüsse zu führen gilt. Manifestartig heisst ein Bildtitel "Kunst ist keine Alternative", der die an eine Hausmauer gesprayte Parole zu Glasnost variiert (1987). Ian Anüll will der Kunst keineswegs ihre Glaubwürdigkeit, aber ihre Autonomie und Heilsversprechung absprechen und legt klar, dass Kunst gnadenlos in den gesellschaftlichen Kontext eingebunden ist.