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Von Nah

28.10.–31.12.1995

Xerxes Ach Hanspeter Ammann Reto Boller Dominique Lämmli Marianne Müller Walter Pfeiffer

Unter dem Titel VON NAH vereinigt diese Ausstellung Werke von sechs Künstlerinnen und Künstlern, die sich verschiedenster Medien bedienen - von Malerei, Fotografie, Video bis Skulptur - und auch unterschiedlichen Generationen angehören. Der Titel als verbindendes Element zwischen den gezeigten künstlerischen Positionen ist weniger auf den gemeinsamen Lebensraum Zürich, die geografische Nähe angelegt, als vielmehr auf eine unmittelbare Blickweise, sei dies auf so Naheliegendes wie das menschliche Gegenüber konkrete Alltagsmaterialien oder die bildnerischen, vor allem malerischen Grundelemente. Sei es psychologische Spurensicherung, sei es sachliches Konstatieren oder die Suche nach poetischer Transformation, die die einzelnen Vorgehensweisen charakterisieren, dem Blick auf das Nahe als das Vertraute, Selbstverständliche oder gar das objektiv Gegebene ist ebenso - oder gerade deshalb - das Ferne und Unbekannte eigen. Eine bewusst werdende, aber ungreifbar bleibende Ambivalenz schärft den Sinn für das Wandelbare, für ein sich aus der Alltagsstruktur erweiterndes Wirklichkeitsverständnis.

Diese Nahsicht verkörpert sich in der bereits in den 80er Jahren entstandenen Portraitserie von WALTER PFEIFFER. Fokussiert werden Gesichter von Jünglingen, die nicht mehr kindhaft und gleichzeitig noch nicht geprägt sind vom Erwachsensein, etwas anarchistisch Unbestimmtes an sich haben zwischen Laszivität und Unschuld. Die monochromen Lackbilder von XERXESACH stellen die sinnliche Präsenz von Farbe in nuancierten Formaten, Glanzstufen und Tonalitäten ins Zentrum, wobei etwa Rinnsale an unbehandelten Seitenkanten den Malauftrag oder knittrige Oberflächen, Verpackungen ähnelnd, den Bildkörper als Objekt einsichtig machen. Farbfotografien von MARIANNE MULLER bringen anonyme Passantinnen und Passanten in unser Blickfeld. Ohne ihr Wissen portraitiert und aus ihrem grossstädtischen Umfeld fragmentiert, sind sie mehr Stellvertreter als Persönlichkeit, in Posen des flüchtigen Augenblicks meist in Bewegung und doch in sich versunken. HANSPETER AMMANN bringt sich und einen anderen männlichen Protagonisten mittels Video und grossformatigen Schwarzweissstills in körperliche Annäherungsund Distanzierungsmomente. Er forscht nach der Erotik des Zusammenseins im offenen Feld der Emotionen zwischen gesellschaftlichem Kodex und Freizügigkeit. Dreidimensional und in rudimentärer Stofflichkeit greift die Bodeninstallation von DOMINIQUE LÄMML in den Raum. Sie bildet eine skulpturale Konstellation, die schlauchartige Dinghaftigkeit in ausströmende wie gefasste Energietransformiert, und sich - periodisch und speicherartig - plastisch verdickt und sammelt. Der malerische Ansatz von RETO BOLLER betont die Selbstbezüglichkeit des Bildes, arbeitet mit den Elementen von normierter Wiederholung und handschriftlicher Abweichung. Dabei steigert sich unbekümmert und vielgestaltig das Wechselspiel zwischen ordnender Form- und Farbstruktur und dem organischen Zufallsmoment.