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Reading Rämistrasse #102: Gabriela Burkhalter zu Space as Matrix @gta exhibitions - Akademie - Kunsthalle Zürich
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Reading Rämistrasse #102: Gabriela Burkhalter zu Space as Matrix @gta exhibitions

Space as Matrix ist die dritte Ausstellung (1) in kurzer Zeit über das englische Architektinnen-Kollektiv Matrix Feminist Design Co-operative. gta exhibitions würdigt die Arbeit des Kollektivs im Rahmen einer Gruppenausstellung. In Space as Matrix zeigen die Kuratorin Geraldine Tedder und gta exhibitions Werke von Matrix, Ursula Mayer, MUF, Morgan Quaintance und der argentinisch-amerikanischen Architektin und Kritikerin Susana Torre.

2020 wurde das Publikum auf die Arbeit von Matrix aufmerksam, als Part W Matrix auf die alternative Liste für die männlich dominierte «Royal Gold Medal» des RIBA (Royal Institute for British Architects) setzte. Daraufhin erhielt Matrix-Gründungsmitglied Jos Boys die Möglichkeit, das Material zu sammeln, zu digitalisieren und unter «Matrix Open» online zugänglich zu machen, eine Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist.

Die Tätigkeit des Kollektivs Matrix, gegründet von Jos Boys, Frances Bradshaw, Jane Darke, Benedice Foo, Sue Francis, Barbara MacFarlane und Marion Roberts entwickelte sich über 13 Jahre (1981-1994). Die Frauen lernten sich teilweise im Architekturstudium kennen und wurden Mitglieder von NAM (New Architecture Movement in London). Ihre Frauenanliegen wurden jedoch nicht wirklich ernst genommen, daher gründeten sie zuerste «Feminist Design Collective» (1978–80), woraus Matrix entstand. Erstes Ziel war es, das Thema Architektur und Feminismus öffentlich zu diskutieren, das zweite Ziel, ihr praktisches Bau- und Planungswissen konkret für Frauenanliegen zu nutzen. Zusätzlich wurde technisches Wissen erarbeitet und in Kursen und Handbüchern vermittelt. Junge Architektinnen stiessen zur Gruppe und konnten vom Wissen der Älteren profitieren. Ein weiteres Merkmal, neben dem kollektiven Ansatz, war der ständige Austausch mit den späteren Nutzerinnen, so der von Matrix gebauten Frauenzentren, z.B. das von Bangladeshi Frauen beauftragte Jagonari Asian Woman’s Center (1984-1987) in Whitechapel, London.

SPACE AS MATRIX, gta Ausstellungen

Fotos: Nelly Rodriguez

Die ausführlichen Interviews mit den Protagonistinnen legen das Vorgehen, die Rollen und Schwierigkeiten der Frauen frei. Es ist interessant und ernüchternd zugleich zu sehen, dass sie damals die gleichen Fragen diskutieren, wie wir heute, z.B. gleichberechtigten Zugang zum öffentlichen Raum, das heisst keine Diskriminierung von weissen und nicht weissen Frauen, Kindern, Müttern, Schwulen und Lesben.

Wer sich Zeit nimmt, den Gesprächen zuzuhören, erfährt von intensiven Diskussionen, die anstrengend, aber auch fruchtbar waren, denn die Frauen waren von unterschiedlicher Herkunft, in verschiedenen familiären und monetären Situationen, hatten unterschiedliche Erfahrungen und berufliche Qualifikationen. Zudem erhielt das Kollektiv so viele Anfragen - da sie das erste Kollektiv dieser Art waren - dass sie nicht nur mit sich selbst, sondern mit diesen Ansprüchen von aussen überfordert waren. Die Projekte und Herausforderungen, aber auch das wirtschaftlich-politische Umfeld waren komplex, geprägt vom Thatcherismus. Thatcher brachte etablierte Strukturen wie den Hauptauftraggeber von Matrix, Greater London Council (GLC), 1986 zum Verschwinden.

Dieser Komplexität kann die Ausstellung mit dem etwas spärlichen Material nicht gerecht werden. In Archizoom in Lausanne, wo die Ausstellung zuvor gezeigt wurde, schien mir die Vermittlung besser gelungen: Artikel, Flugblätter und Poster, die im Internet-Archiv verfügbar sind, wurden gross ausgedruckt und thematisch geordnet auf Metall-Bauzäune aufgezogen. Das hatte den Vorteil, dass die Besucherinnen einzelne Aspekte, z.B. Methoden, um an praktische Erfahrung und technisches Wissen zu kommen, vertieft betrachten konnten.

SPACE AS MATRIX, gta Ausstellungen

Bild: Nelly Rodriguez

Eine weitere Position ist muf gewidmet, «a collaborative practice of art and architecture committed to public realm projects». 1994 gegründet, konnte sie auf den Erfahrungen von Matrix aufbauen. Sie verändern mit vielfältigen Interventionen den öffentlichen Raum, zum Beispiel belebten sie einen bestehenden fantasielosen Spielplatz mit einfachen Mitteln.

Der Titel der gta-Ausstellung ist der Architektin Susana Torre geschuldet, einer Pionierin für Theorie und Geschichte der feministischen Architektur. Sie begründete das Archive of Women in Architecture der Architectural League New York mit, das 1977 in der Ausstellung und Publikation Women in American Architecture: A Historic and Contemporary Perspective im Brooklyn Museum gezeigt wurde.

Insgesamt fand ich die Vermittlung des spannenden Materials ungenügend, erst ein intensives Recherchieren zeigte mir die Bedeutung und den Beitrag der Kollektive auf. Den reichen Fundus von Open Matrix sollte man unbedingt nutzen. Die Interviews sind dort ebenfalls in voller Länge verfügbar. Dabei wird man sich bewusst, wie viel Freiheit sie für Architektinnen, aber auch Benutzerinnen und die Gesellschaft insgesamt erkämpft haben.

(1) How We Live Now. Reimagining Spaces with Matrix Feminist Design Co-operative, Barbican Center London (17. Mai - 23. Dezember 2021), ko-kuratiert durch das englische Design Collective Edit und Matrix-Gründungsmitglied Jos Boys.
Do Not Carry The Flag Too Low. Actions from Matrix Feminist Design Co-operative, Archizoom EPFL Lausanne (8. März - 20. Mai 2022), kuratiert von Silvia Groaz, Teresa Cheung und Tiago P. Borges.

Space as Matrix, Matrix Feminist Design Co-operative, Ursula Mayer, muf, Morgan Quaintance, Susana Torre, 28. September–9. Dezember 2022, gta exhibitions, ETH Zurich, Hönggerberg

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