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Slavs and Tatars: "Lektor" / Juliusz Machulski: Seksmisja (1984)

14.08.2014
18:00
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Was ist das Verhältnis von Totalitarismus und Sex? Das ist die Frage dieses satirischen Science-Fiction Actionfilms: Zwei zeitreisende Protagonisten landen in der unterdrückerischen feministischen Gesellschaft des post- nuklearen 2044, wo sie - angesichts drohender Geschlechtsumwandlung - den Kampf für die Befreiung der letzten Männer antreten. Die vielfachen mehr oder weniger offensichtlichen Parallelen dieses Films, inklusive Happy End, mit der Realität Polens in den 80er Jahren führten zu seiner teilweisen Zensur.

Die Vorführung von Seksmisja in polnischer Originalsprache wird von einer performativen Live-Übersetzung ins Deutsche begleitet. Die resultierende Erfahrung einer Lücke zwischen der Ursprungssprache des Films und der lokalen Sprache der Zuschauer/innen ist typisch für die Praxis eines “Lectors”, wie er vor allem in Osteuropa für Einzelstimmen-Übersetzungen in Kinovorführungen zum Einsatz kommt (während andernorts vor allem für Nachrichtensendungen). Diese versierte Übersetzungstechnik, auch als Gavrilov-Technik bekannt, war eine Hauptinspiration für die neue Version des Hörstücks «Lektor», die Slavs and Tatars aktuell und noch bis zur Eröffnung ihrer Soloschau am 29. August in der Kunsthalle Zürich zeigen. Die Arbeit inszeniert die Übersetzungslücke zwischen einer türkischen Stimme, die Auszüge aus dem mittelalterlichen epischen Gedicht Kutadgu Bilig (Weisheit der königlichen Glorie) rezitiert, und einem deutschen Voice-over-Übersetzer.


Slavs and Tatars umfassende Ausstellung «Mirrors for Princes» wird die Untersuchung des gleichnamigen Genres poetischer Ratgeberliteratur (für das Weisheit der königlichen Glorie ein zentrales Beispiel ist) vertiefen, indem sie Fragen zu Geschlecht und rituellen Handlungen einbezieht. Als letzte Screening-Performance der Reihe «Lektor», ist Seksmisja daher ein witziger sowie wichtiger Moment des Übergangs zwischen den beiden Präsentationen von Slavs and Tatars.